Das Bruch im Wandel

Erlebnisweg-Tafel

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Viele Wege führen durch das Bruch

Trotz Ihrer stolzen Länge von etwa 40 Kilometern liegt die Westpfälzische Moorniederung lediglich auf Höhenlagen zwischen 225-250m [Geiger 2010, 104f.]. Zu dieser geringen Höhendifferenz kommt hinzu, dass keinerlei nennenswerte punktuelle Erhöhungen vorliegen. Dadurch bedingt die Westpfälzische Moorniederung bereits seit langer Zeit die Straßenführung in der Westpfalz, denn der Verkehr hat sich dabei insbesondere an den Längsverlauf der Moorniederung von Südwest nach Nordost angepasst. In diesem Bereich sind insbesondere zwei Straßenzüge erwähnenswert, welche, nördlich und südlich der Moorniederung verlaufend, seit langer Zeit von großer Bedeutung sind: die nördlich verlaufende Straße führte von Kaiserslautern kommend in westlicher Richtung durch den Reichswald nach Ramstein, wo sie entlang des Nordrandes der Moorniederung weiter nach Hütschenhausen bis zum Damm des Scheidenberger Wooges verlief. Dieser bedeutenden Wegmarke verdankte die nördliche Straße ihren Namen – Scheidenberger Straße [Häberle 1914, 29 ff.]. Funde aus vor- und frühgeschichtlicher Zeit zeigen, dass jedoch die südliche Straße bereits früher von großer Bedeutung für die Region war. In Zeiten der Römerherrschaft verband hier eine Römerstraße mit einem Verlauf entlang der anstehenden Schichtstufen die bedeutenden Garnisonen Metz und Mainz, welche viele Jahre danach auch von den Franken als Verbindungslinie der Königshöfe Waldmohr, Landstuhl und Lautern Verwendung fand. Die im Mittelalter als „strata regia“ (Königsstraße) bezeichnete Straße erhielt unter Kaiser Ludwig dem Bayern im Jahr 1332 die Bezeichnung „strata et via imperatoria“ und gewann auch im weiteren zeitlichen Verlauf als Handelsweg zunehmend an Bedeutung [Löffler 1936, 63 ff.]. Im Zeitraum von 1807 bis 1811 wurde die südlich der Moorniederung verlaufende Straße unter französischem Einfluss durch den damaligen Kaiser Napoleon I ausgebaut. Die 10 Meter breite Kunststraße war ein wichtiges Bindeglied zwischen Mainz und Paris und wurde nach ihrem „Erbauer“ seither als Kaiserstraße bezeichnet [Geiger 1993, 50]. Auch wenn die Kaiserstraße als Bundesstraße 40 noch heute von großer Bedeutung für den Regionalverkehr ist, so hat sie gegenwärtig durch den Bau anderer Verkehrsachsen eine geringere Bedeutung als noch vor 200 Jahren. Entscheidend hierfür war unter anderem der Bau der Bahnverbindung der Pfälzischen Ludwigsbahn, auf welcher ab 1848 die ersten Züge zwischen Kaiserslautern und Homburg und ab 1849 bis nach Saarbrücken rollten. Bis heute folgt die Bahnlinie dem Verlauf der Kaiserstraße.  Während die Streckenführung und das Verlegen der Gleise in manchen Gebieten Schwierigkeiten bereitete, so war dies in der Moorniederung zu keiner Zeit ein Problem [Fendler & Keller 1981, 1246 f.]. Als Gründe dafür sind das bereits erwähnte ebene Relief und die kurvenarme Streckenführung anzusehen.

Abb. 1: Verkehrsinfrastruktur in der Westpfälzischen Moorniederung (eigene Darstellung Lars Kurz)


Eine kurze Geschichte der Moorkultivierung

Die vor etwa 12.000 Jahren einsetzende Verlandung von flachen Stehgewässern auf den heutigen Flächen der Moorniederung war der Ausgangspunkt der Entstehung der einstigen Nieder- und Übergangsmoore in der Region. Ursächlich für das Degradieren oder gar vollkommene Verschwinden von Moorvorkommen in der Moorniederung ist die Moorkultivierung, welche vor knapp 300 Jahren ihren Ursprung nahm. Auch wenn in vorangegangener Zeit schon gelegentlich für private Zwecke Torf gestochen wurde, so waren die Ausprägungen sehr gering [Löffler 1938, 348]. Im Jahr 1745 verfügte jedoch der damalige Kurfürst Karl Theodor, dass zum Abführen der Gewässer in der Moorniederung ein angemessen tiefer und breiter Graben angelegt werden soll und legte somit aus heutiger Sicht den Grundstein für die umfassende Entwässerung der Landschaft in den Folgejahren. Bei diesem Graben handelt es sich um den Flosbach, welcher noch zwischen Ramstein und Kindsbach in den Mohrbach fließt [Löffler 1938, 338]. Die Jahre nach dem Anlegen der ersten Gräben waren von zahlreichen Versuchen der Nutzbarmachung der Moorniederung geprägt, allem voran durch den kurzpfälzischen Kulturpionier Johann Peter Kling. Dieser erzielte hinsichtlich des Anbaus von Kulturpflanzen wie Sommerraps, Gerste, Weißkraut oder Rüben große Ertragserfolge, welche jedoch mit dem Einfall der französischen Revolutionstruppen ab dem Jahr 1792 ein jähes Ende fanden [Löffler 1938, 342 ff.]. Im Gegensatz zur landwirtschaftlichen Nutzung erlebte die Torfwirtschaft in den Folgejahren einen deutlichen Aufschwung, denn der Bedarf an Torf war in der Pfalz aufgrund der geringen Holzreserven sehr hoch. Das Vorgehen war jedoch zumeist sehr ungeordnet, denn sowohl Privatleute als auch die zuständige Forstbehörde legten nach Belieben an günstigen Standorten Torfstiche an [Feth 1965, 252]. Bald darauf wurde das „Staatsbruch“ in zwei Reviere zur Koordination der Torfstichaktivitäten eingeteilt. Das Revier Ramstein reichte vom Scheidenberger Woog bei Hütschenhausen bis an den Mohrbach zwischen Ramstein und Kindsbach. Dort begann das Revier Jagdhaus und reichte bis an den Einsiedler Weiherdamm [Löffler 1938, 358 f.]. Die verfügbaren Daten aus dem Zeitraum 1841 bis 1919 zeigen sehr anschaulich die folgende Hochphase der Torfstichaktivitäten und den darauffolgenden Bedeutungsverlust:

Abb. 2: Gesamtertrag des Torfabbaus in der Westpfälzischen Moorniederung zwischen 1841 und 1919. Die Einheit „Tausend Torf“ bezeichnet die entsprechende Anzahl an gewonnenen Torfziegeln, welche die klassische Transportform darstellten - vgl. Abbildung  auf der zugehörigen Tafel (Eigene Darstellung Lars Kurz nach Löffler 1938, S.377)


Zwar setzte bereits Mitte des 18. Jahrhunderts ein u.a. durch den Bau der Ludwigsbahn induzierter Wandel der Ortschaften hin zu Industrie- und Bergarbeiterdörfern ein, jedoch erlebte die Torfnutzung in der Moorniederung zu Beginn des 20. Jahrhunderts erneut einen kurzzeitigen Aufschwung. Unter der Leitung der 1920 gegründeten Moorwirtschaftsstelle in Landstuhl wurden die Bemühungen zur Förderung der Moorkultur erneut intensiviert [Löffler 1938, 371 f.]. Das deutlich strukturiertere Vorgehen der Meliorationsarbeiten in dieser Zeit wird auch durch den planmäßigen Einsatz von Kolonisten der Arbeiterkolonie Schernau geprägt [Paul 1999, 40]. Ungeachtet aller Bemühungen verlor die Torfwirtschaft dennoch zunehmend an Bedeutung und wurde letztendlich unter der Leitung des Forstamtes Landstuhl-Nord um Jahr 1951 offiziell eingestellt [Wallesch 1966, 24]. Lediglich auf kleinen Flächen wurde weiterhin Torferde für Moorbäder, wie auch das Moorbad Landstuhl, gewonnen [Wallesch 1966, 26; Wolff 2013, 21]. Zum Einsatz kamen dabei verschiedene Werkzeuge. Von großer Bedeutung waren dabei der Friesenspaten (Abbildung 3, rechts) zum Abstechen der Parzellen sowie das Torfmesser (Abbildung 3, links) zum Herausheben der Torfziegel.

Foto 1: Bedeutende Werkzeuge des Torfabbaus (Foto: Lars Kurz)


Zurückgeblieben ist das noch heute vorfindbare Mosaik aus land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen, ausgedehnten Wiesenstreifen und den verstreuten, aber dennoch vorhandenen Zwischen- und Niedermoorrelikten mit ihren wertvollen Biotopen.

Der Geschichte auf der Spur

Das Wissen über die Kulturlandschaftsgeschichte der Westpfälzischen Moorniederung, insbesondere der Moorkultivierung, ist unweigerlich mit einer bedeutenden Persönlichkeit unserer Region verbunden: Dr. Eugenie Lautensach-Löffler (* 6. August 1902 in Ramstein - † 11. Juli 1987 in München). Die gebürtig aus Ramstein stammende Geographin führte zu Lebzeiten bedeutende Untersuchungen bezüglich der (west-)pfälzischen Landeskunde, insbesondere der Westpfälzischen Moorniederung, durch. Ihr Werk „200 Jahre Moorkultur und Torfwirtschaft im Reichswaldgebrüch bei Kaiserslautern“ aus dem Jahr 1938 stellt den wohl umfassendsten Überblick über die anthropogene Nutzung der einstigen Moorflächen dar.

 

Quellenverzeichnis:

Fendler, R.; Keller, L. (1981): Straßen und Eisenbahnen. I: 1870 und 1914. II: 1939 und 1980. In: Alter, W. [Hrsg.]: Pfalzatlas. Textband III. Verlag der pfälzischen Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften. Speyer. S. 1237–1249.

Feth, H. [Hrsg.] (1965): Ramstein. Ein Heimatbuch über die geschichtliche Entwicklung der Großgemeinde. Schriftenreihe: Ortschroniken des Landkreises Kaiserslautern, Band 4.

Geiger, M. (1993): Die Westricher Niederung. In: Geiger, M., Preuß, G. und Rothenberger, K.-H. [Hrsg.]: Westrich und Pfälzer Bergland. Verlag Pfälzische Landeskunde. Landau. S. 42–57.

Geiger, M. (2010): Die Landschaften der Pfalz. In: Geiger, M. [Hrsg.]: Das Wasgau-Felsenland. Ein Geo- und Bildführer. Verlag Pfälzische Landeskunde. Landau, S. 21-31.

Häberle, D. (1914): Scheidenberg, Scheidenberger Woog, Scheidenberger Straße. Ein Beitrag zur historischen Geographie der Westpfalz. Hermann Kayser Verlag. Kaiserslautern.

Löffler, E. (1938): 200 Jahre Moorkultur und Torfwirtschaft im Reichswaldgebrüch bei Kaiserslautern. In: Emrich, E., Christmann, E. und Löhr, O. [Hrsg.]: Saarpfälzische Abhandlungen zur Landes- und Volksforschung. In Verbindung mit dem Saarpfälzischen Institut für Landes- und Volksforschung in Kaiserslautern. 2. Band. Verlag der pfälzischen Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften. Speyer. S. 334–379.

Paul, R. (1999): Kriesenjahre: Die Schernau von 1933 bis 1954. In: Pfälzer Arbeiterkolonie-Verein e.V. [Hrsg.]: Die Schernau 1899-1999. Von der Arbeiterkolonie zu den Alten-, Pflege- und Übergangsheimen. Conrad und Bothner. Zweibrücken.

Wallesch, W. (1966): Das Landstuhler Bruch. Eine historische, ökologische und ökonomische Untersuchung. Veröffentlichungen der pfälzischen Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften 52. Verlag der pfälzischen Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften. Speyer.

Wolff, P. (2013): Die Moor-Standorte der Pfalz. Soziologie und Ökologie. Eigenverlag der Pollichia. Bad Dürkheim.

 

Autor: Lars Kurz