Das Schutzgebietsnetz NATURA 2000

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NATURA 2000 ist ein Netzwerk von Schutzgebieten und repräsentiert die typischen, seltenen und am stärksten gefährdeten Tier- und Pflanzenarten und Lebensräume Europas. Es ist das größte zusammenhängende Schutzgebietsnetz der Welt und erstreckt sich über alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU). NATURA 2000 besteht aus Fauna-Flora-Habitat-Gebieten (FFH-Gebiete) und Vogelschutzgebieten.

Im Jahr 1979 wurde durch die Vogelschutzrichtlinie (modifiziert 2009) ein EU-weites Schutzregime für alle in der EU natürlich vorkommenden Vogelarten etabliert. Dies beinhaltet die Ausweisung von Vogelschutzgebieten für rund 200 teilweise bedrohte Vogelarten sowie für alle Zugvogelarten durch die Mitgliedsstaaten.

Erweitert wurde dies durch die im Jahr 1992 verabschiedete FFH-Richtlinie, welche ebenfalls ein repräsentatives System für die Ausweisung rechtlich geschützter Gebiete in der ganzen EU geschaffen hat. Die FFH-Gebiete wurden für die Erhaltung von etwa 230 Lebensraumtypen und 900 Arten von gemeinschaftlichem Interesse ausgewiesen, die in Anhang I bzw. II der FFH-Richtlinie aufgeführt sind.

Vogelschutzgebiete und FFH-Gebiete bilden gemeinsam das Schutzgebietsnetz NATURA 2000. Das Ziel beider Richtlinien ist es, die zu schützenden Lebensräume und Arten und damit die biologische Vielfalt (Biodiversität) nachhaltig zu erhalten und zu entwickeln.

Überblick über die Natura 2000-Gebiete (Stand: 2022):

 

FFH-

Gebiete

Vogelschutz-

gebiete

NATURA 2000-

Gebiete***

Europäische

Union

Anzahl

23.655

5.407

27.027

Fläche [km²]*

590.130

527.566

766.920

Fläche [%]**

14,3

12,8

18,6

Deutschland

Anzahl

4.544

742

5.200

Fläche [km²]*

33.550

40.263

55.228

Fläche [%]**

9,4

11,3

15,4

Rheinland-

Pfalz

Anzahl

120

57

172

Fläche [km²]

2.568

2.422

3.845

Fläche [%]

12,9

12,2

19,4

 *         Fläche der terrestrischen NATURA 2000-Gebiete (ohne marine Gebiete)

**        bezogen auf die Landfläche der EU (4.131.745 km²) bzw. Deutschlands (357.582 km²)

***       inklusive flächengleicher FFH- und Vogelschutzgebiete

Eine Übersicht über die über die NATURA 2000-Gebiete der einzelnen EU-Mitgliedsstaaten gibt das NATURA 2000-Barometer der Europäischen Kommission.


Abb. 1+2: Flächenkulisse der FFH-Gebiete (rot) und Vogelschutzgebiete (blau) in Rheinland-Pfalz

Rheinland-Pfalz hat 120 FFH-Gebiete und 57 Vogelschutzgebiete an die Europäische Kommission gemeldet (davon fünf flächenidentische FFH- und Vogelschutzgebiete). Der Schutzzweck der einzelnen NATURA 2000-Gebiete mit den jeweiligen Lebensräumen und Tier- und Pflanzenarten ist in Anlage 1 und Anlage 2 zu § 17 Abs. 2 des Landesnaturschutzgesetzes (LNatSchG) formuliert.

Ziel der Ausweisung der NATURA 2000-Gebiete ist die Bewahrung bzw. soweit erforderlich die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der jeweiligen Lebensraumtypen und Arten. Die gebietsspezifischen Erhaltungsziele sind in der Landesverordnung über die Erhaltungsziele in den NATURA 2000-Gebieten definiert. Zur Erreichung dieser Ziele werden die aus naturschutzfachlicher Sicht erforderlichen Maßnahmen in Bewirtschaftungsplänen dargestellt.

Weitere Informationen zum Thema NATURA 2000 stellt die Website der Naturschutzverwaltung Rheinland-Pfalz bereit.

Das FFH-Gebiet „Westricher Moorniederung“

Die Westricher Moorniederung liegt im Zentrum der Kaiserslauterer Senke. Sie bildet eine 2 – 4 km breite und über 40 km lange Mulde zwischen dem Nordpfälzer Bergland, dem Zweibrücker Westrich und dem Pfälzerwald.

Früher existierte hier ein zusammenhängender Hochmoorkomplex, deren hochwertige Torflager jedoch ab der Mitte des 18. Jahrhunderts kontinuierlich trockengelegt und abgetorft wurden. Die übrige Fläche wurde entweder in Streuwiesen umgewandelt oder aufgeforstet.

Heute wird das Gebiet jeweils zur Hälfte waldbaulich genutzt oder als Grünland bewirtschaftet. Derzeit vorhandene Vermoorungen und Zwischenmoorbereiche haben sich sekundär überwiegend auf ehemaligen Torfstichen gebildet. Die charakteristischen Bruch- und Sumpfwälder sind noch kleinflächig erhalten geblieben. Überdies bestehen große Biotopkomplexe aus Feucht- und Nasswiesen, Röhrichten, Großseggenrieden sowie mageren Wiesen und Weiden.

Abb. 3: Lage des NATURA 2000-Erlebnisweges im FFH-Gebiet „Westrichter Moorniederung“


In diesem landesweit einmaligen Naturraum wurde auf einer Fläche von 2.152 ha das FFH-Gebiet „Westricher Moorniederung“ als Bestandteil der NATURA 2000-Gebietskulisse ausgewiesen. Aufgrund der herausragenden Bedeutung besitzen alle Teilflächen zudem den Status als Naturschutzgebiet. Die Westricher Moorniederung wird durch zahlreiche EU-Lebensraumtypen (LRT) von gemeinschaftlichem Interesse gemäß Anhang I der FFH-Richtlinie geprägt:

Lebensraumtypen (Anhang I):

  • 3130    Mesotrophe Stillgewässer
  • 3150    Eutrophe Stillgewässer
  • 3160    Dystrophe Stillgewässer
  • 3260    Fließgewässer mit flutender Wasservegetation
  • 4030    Trockene Heiden
  • 6230*  Borstgrasrasen
  • 6410    Pfeifengraswiesen
  • 6430    Feuchte Hochstaudenfluren
  • 6510    Flachland-Mähwiesen
  • 7140    Übergangs- und Schwingrasenmoore
  • 7150    Torfmoor-Schlenken
  • 9110    Hainsimsen-Buchenwälder
  • 91D0   Moorwälder

(* = prioritärer LRT)

Abb. 4: Lebensraumtyp 6510 – Flachland-Mähwiesen (Foto: LF-Plan)


Die außergewöhnliche Bedeutung der Westricher Moorniederung liegt vor allem in der Anzahl unterschiedlicher Lebensraumtypen und deren hochgradig gefährdeter Lebensgemeinschaften begründet. Darüber hinaus bestehen hervorragende Standortpotenziale zur Entwicklung vielfältiger Biotopkomplexe feuchter bis nasser Standorte wie z. B. Zwischenmooren und Moorheiden, Bruch- und Sumpfwaldgesellschaften sowie Moorwäldern. Folgende Arten gemäß Anhang II der FFH-Richtlinie sind für die Westricher Moorniederung gemeldet:

Arten (Anhang II):

  • Kamm-Molch (Triturus cristatus)
  • Bitterling (Rhodeus amarus)
  • Grüne Keiljungfer (Ophiogomphus cecilia)
  • Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Maculinea nausithous)
  • Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Maculinea teleius)

Besonders erwähnenswert ist die Population des Hellen Wiesenknopf-Ameisenbläulings (Maculinea teleius), der außer in der Westricher Moorniederung im südlichen Rheinland-Pfalz nur noch im FFH-Gebiet „Dürkheimer Bruch“ nachgewiesen werden konnte.

Abb. 5: Wiesenknopf-Ameisenbläuling auf blühendem Großen Wiesenknopf (Foto: Manfred Hund)


Weitere Informationen über das FFH-Gebiet sowie über die NATURA 2000-Lebensraumtypen und Arten können dem Gebietssteckbrief zur Westricher Moorniederung  entnommen werden.

In der Landesverordnung über die Erhaltungsziele in den NATURA 2000-Gebieten sind für das FFH-Gebiet „Westricher Moorniederung“ folgende gebietsspezifische Erhaltungsziele festgelegt:

Erhaltung und Wiederherstellung

  • möglichst unbeeinträchtigter Gewässer und Uferzonen mit Schlammflächen, Röhricht- und Seggenbeständen sowie nicht intensiv genutzten, moorigen Lebensräumen und Mooren sowie von Laubwäldern,
  • von nicht intensiv genutztem Borstgrasrasen, Pfeifengras- und Mähwiesen, auch als Lebensraum für Schmetterlinge (insbesondere Maculinea spp.)

Im NATURA 2000-Bewirtschaftungsplan sind die Vorkommen der wertgebenden Lebensraumtypen und Nachweise der zu schützenden Arten dokumentiert. Weiterhin gibt der Bewirtschaftungsplan naturschutzfachliche Maßnahmenempfehlungen, durch deren Umsetzung die Einhaltung der gebietsspezifischen Erhaltungsziele gewährleistet wird.

Der Bewirtschaftungsplan für das FFH-Gebiet „Westricher Moorniederung“ wurde von der zuständigen Oberen Naturschutzbehörde herausgegeben und steht wie auch die übrigen Bewirtschaftungspläne für die rheinland-pfälzischen NATURA 2000-Gebiete auf der Website der Naturschutzverwaltung Rheinland-Pfalz zum Download zur Verfügung.


Abb. 6: Kranichwoog aus der Vogelperspektive (Foto: Timo Ruof)